GESCHIEDENENUNTERHALT

Eines der umstrittensten Scheidungs-Themen ist wohl der Geschiedenenunterhalt.

Da bereits durch Zugewinn- und Versorgungsausgleich die während der Ehe erbrachten Leistungen für die Partnerschaft bzw. Familie ausgeglichen werden (>>> Vermögensauseindersetzung), bedürfen nach Scheidung bestehende Unterhaltspflichten einer besonderen rechtsethischen Rechtsfertigung.

Diese greifen in die „allg. Handlungsfreiheit“ (Art 2 GG) des Verpflichteten ein, einem Grundrecht mit Verfassungsrang. Es ist dem
Gesetzgeber daher verfassungsrechtlich verwehrt, in willkürlicher Weise Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge zu privatisieren, indem er sie Unterhaltsverpflichteten aufbürdet.

Die Rechtfertigung fällt allerdings leicht, soweit der Unterhaltsberechtigte „ehebedingte Nachteile“ hinsichtlich seiner Erwerbsmöglichkeiten erlitten hat, insbesondere aufgrund der Betreuung der aus der Ehe hervorgegangenen Kinder.

Aber schon bei der Frage, in welcher Höhe – und vor allem: wielange über die Zeit der notwendigen Kindesbetreuung hinaus
(und wie lange ist diese ?) der Unterhalt zu leisten ist, läßt sich streiten.

Die heute immer häufiger anzutreffende eheliche Rollenverteilung besteht darin, daß die Ehefrau nach relativ kurzer Zeit der ausschließlichen Kindererziehung recht bald wieder in das Erwerbsleben zurückkehrt, – meist zunächst bei halbschichtiger Beschäftigung, später wird diese oft ausgeweitet. Diese Fälle bergen bei Trennung oft das größte Streitpotential, insbesondere, wenn ehebedingte Nachteile im Zeitpunkt der Trennung nicht mehr ohne weiteres ersichtlich sind.

I. Bisherige Rechtslage:
Der Gesetzgeber bürdet dem wirtschaftlich Stärkeren aber auch bei Kinderlosigkeit nicht nur weitgehend das Arbeitsmarktrisiko des wirtschaftlich Schwächeren auf, sondern sieht mit dem sog. „Aufstockungsunterhalt“ eine – zeitlich prinzipiell unbegrenzte – Lebensstandardgarantie vor. Der wirtschaftlich Schwächere soll also nicht nur vor ehebedingten, sondern vor allen scheidungsbedingten Nachteilen bewahrt werden. Nach Wegfall des Schuldprinzipes insbesondere auch dann, wenn er es selber war, der Trennung und Scheidung verlangt bzw. durch sein Fehlverhalten veranlaßt hat.

Irrelevant ist auch die Frage der Einkommenssituation bei Eheschließung und deren hypothetischer Entwicklung ohne diese. Dies würde den Unterhalt auf ehebedingte Nachteile beschränken – diesen Weg ist der Gesetzgeber aber bisher nicht gegangen. Erst aufgrund der zum 01.04.2007 in Kraft tretenden Unterhaltsrechtsreform – und schon im Vorgriff hierauf mit der Entscheidung des BGH vom 12.04.2006 – ist der Maßstab der „fortwirkenden ehebedingten Nachteile“ nunmehr wesentlich bedeutsamer als zuvor.

Der wirtschaftlich Schwächere muß nur eine „angemessene Erwerbstätigkeit“ aufnehmen. Wobei zwar auch Vorbildung und Berufserfahrung maßgeblich sind, ebenso konnte aber bisher auch der durch Ehe erworbene Status entscheidend sein.

Es gibt eine wachsende Zahl sog. Zweit(ehe-)Frauen, die einen Mann mit der Hypothek zum Teil lebenslanger Unterhalts-
(und Auskunfts-) ansprüchen der geschiedenen Frau heiraten.

II. Siehe aber zu den neueren Entwicklungen die Seite „Unterhaltsrechtsreform“.

Alexander Heumann
Fachanwalt für Familienrecht

Rathelbeckstraße 313
40627 Düsseldorf
Telefon 0211 / 164 60 68

info@familien-u-erbrecht.de
www.familien-u-erbrecht.de