Umgangsrecht verwirkt:

Großeltern, die ihre Enkel in Loyalitätskonflikte bringen, ziehen meist den Kürzeren

Eltern haben automatisch ein Recht auf Umgang mit ihren Kindern, ohne dass es dazu einer gerichtlichen Regelung bedarf. Seit 1998 haben Großeltern einen gesetzlich verbrieften Anspruch auf den Umgang mit ihren Enkelkindern, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Unter dieser Prämisse hatte sich nun der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage zu beschäftigen, was passiert, wenn Eltern den Großeltern den Kontakt zu den Enkelkindern untersagen.

Das Verhältnis zwischen den Eltern, die mit ihren minderjährigen Kindern zusammenleben, und den Großeltern mütterlicherseits war sehr angespannt. Es kam zu einer Vereinbarung, nach der die Großeltern den Eltern ein zinsloses Darlehen zur Verfügung stellten und im Gegenzug Umgang mit den Kindern erhielten. Zur Rückzahlung sollte das Darlehen fällig werden, sobald die Eltern den Umgang nicht mehr gewährten. Auf den im weiteren Verlauf schriftlich erfolgten Vorwurf der Großeltern an das Jugendamt mit dem Betreff: „Vorfälle von seelischer Misshandlung der Enkelkinder (...)“ folgte zuerst ein Sachverständigengutachten, das die Vorwürfe als unberechtigt einstufte, und sodann ein Kontaktverbot zwischen den Großeltern und ihren Enkeln. Das wollten die Eltern der Mutter nicht hinnehmen, so dass sie den Kontakt schließlich gerichtlich einforderten.

Der Antrag wurde abgewiesen: Ein Recht auf Umgang zwischen Großeltern und Enkeln besteht und kann gerichtlich durchgesetzt werden, sofern dieser Umgang dem Wohl des Kindes dient. Das Recht auf Aufrechterhaltung dieser Bindung setzt jedoch voraus, dass der Fortbestand des Kontakts der Entwicklung des Kindes förderlich ist. Sind Eltern und Großeltern hingegen so stark zerstritten, dass dies die Kinder bzw. Enkelkinder in Loyalitätskonflikte bringt, fehlt es genau an diesem entscheidenden Gesichtspunkt. Und da den Eltern nun einmal der Erziehungsvorrang zukommt, haben die Großeltern in solchen Fällen das Nachsehen.

Hinweis: Der dem BGH vorliegende Fall erinnert mit der skurrilen Vereinbarung „zinsloses Darlehen gegen Enkelkontakt“ eher an Serienplots als an Regelungen zwischen erwachsenen Menschen. Anschwärzende Schreiben - wie das der Großeltern an das Jugendamt - kommen hierzulande in der Realität hingegen öfter vor. Großeltern tun gut daran, solche Schreiben nicht zu verschicken, da sie damit sehr schnell den Kürzeren ziehen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 12.07.2017 - XII ZB 350/16
zum Thema: Familienrecht
(aus: Ausgabe 10/2017)

Alexander Heumann
Fachanwalt für Familienrecht

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